Project Cars 3 entfernt sich konsequent vom beinharten Sim-Racing-Ansatz seiner beiden Vorgänger. Das ist vielleicht das Beste, das der Reihe passieren konnte, wie unser Project Cars 3 Test verrät.
Project Cars – dieser Name stand in den vergangenen fünf Jahren für knackige Sim-Racing-Action. Doch mit dem nunmehr dritten Serienteil entfernen sich die Macher von den Slighty Mad Studios von diesem Ansatz und gehen den Weg hin zu mehr Spielspaß. Forza Motorsport lässt grüßen. Das ist vielleicht die beste Entscheidung, die dem Spiel passieren konnte, wie unser Project Cars 3 Test beweist.
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Quick-Facts zu Project Cars 3:
- Entwickler: Slightly Mad Studios
- Publisher: Bandai Namco
- Genre: Rennspiel
- Release: 28.08.2020
Project Cars 3 rast an den Start
Project Cars 2 gilt als eines der einflussreichsten Sim-Racing-Games der letzten Jahre. Doch statt die Tradition mit dem dritten Teil fortzuführen, entschieden sich die britischen Entwickler für eine andere Herangehensweise. Project Cars 3 ist einsteigerfreundlicher und bunter, gleichzeitig aber auch abwechslungsreicher und spaßiger geworden.
Statt knackigem Sim-Racing-Ansatz erwartet uns hier ein Simcade-Racer, der es mit Forza Motorsport aufnehmen will und sich fast so anfühlt wie ein drittes Need for Speed: Shift – seinerzeit das Erstlingswerk der Slightly Mad Studios.
Der Richtungswechsel kam bei langjährigen Hardcore-Fans überhaupt nicht gut an. Neue Infos, Bilder und Videos zu Project Cars 3 wurden mit negativen Kommentaren bombardient. Nach etlichen Spielstunden mit dem Rennspiel steht für uns allerdings fest: Project Cars 3 macht eine ganze Menge richtig und auf der Strecke sogar mehr Spaß als seine beiden direkten Vorgänger. Und das, obwohl der Racer konsequent auf Reifenabnutzung und Kraftstoffverbrauch verzichtet.
Project Cars 3 Gameplay: Gasgeben, Spaß haben
In der Riege der ultrarealistischen Sim-Racing-Games spielte Project Cars 2 zuletzt ohnehin nur eine untergeordnete Rolle, warum nicht also etwas anderes probieren? Mal etwas riskieren? Geschmäcker sind bekanntlich verschieden, Project Cars 3 trifft unseren allerdings ziemlich gut.
Dabei sieht es auf den ersten Blick noch gar nicht rosig für das Rennspiel aus: Das Menü empfängt uns mit knallbunten Farben und umfangreichen Tutorials. Ach herrje, wo sind wir denn hier gelandet?
Aber wie so oft täuscht der erste Eindruck, den spätestens mit Beginn des ersten Rennens im umfangreichen Karrieremodus regiert der Spielspaß. Den Balanceakt zwischen einsteigerfreundlichem Gameplay und anspruchsvollem Fahrvergnügen meistert Project Cars 3 jedenfalls hervorragend.
Neulinge werden mit umfangreichen Fahrhilfen behutsam mit dem Fahrverhalten vertraut gemacht, während Profis – ohne Fahrhilfen – vor allem in den höheren Fahrzeugklassen kämpfen müssen, um die leistungsstarken Boliden auf der Strecke zu halten.
Das Fahrverhalten von Project Cars 3 hat uns ausgesprochen gut gefallen. Nicht ganz so realistisch wie iRacing oder Assetto Corsa und doch anspruchsvoller als ein GRID oder Forza 7. Hobby-Rennfahrer kommen mit den gebotenen Fahrhilfen gut zurecht, sogar mit Controller. Vor allem die neuartige Ideallinie überzeugt: statt der üblichen Rennlinie zeigen drei verschiedene Symbole an, wann wir bremsen, einlenken und Gasgeben sollten. Man kann also nicht mehr einfach so lange aufs Gas treten, bis die Linie rot wird - hier muss man schon selbst mitdenken.
Viel Abwechslung
Neben den gelungenen Fahreigenschaften überzeugt Project Cars 3 im Test vor allem hinsichtlich der spielerischen Abwechslung. Über 200 Rennwagen wollen gefahren werden, dafür stehen 121 Strecken-Layouts zur Verfügung.
Genauso abwechslungsreich wie der Fuhrpark selbst, der mit klassischen Muscle Cars, Fahrzeugen mit Serienausstattung, Formel-Boliden und Hyper-Cars so ziemlich alles zu bieten hat, was das Rennfahrer-Herz begehrt, fallen aber auch die Strecken selbst aus.
Natürlich treten wir auch auf den legendärsten Rennstrecken der Welt wie dem Nürburgring oder Silverstone an, allerdings haben es auch einige eher unbekannte Rundkurse wie Oschersleben oder die Ferrari-Teststrecke in Fiorano ins Spiel geschafft.
Ergänzt werden die Kurse durch abwechslungsreiche fiktive Pisten, die uns beispielsweise an der malerischen Côte d’Azur entlangführen oder uns den Monument Canyon in den USA bestaunen lassen. Für spielerische und optische Abwechslung ist gesorgt.
Ganz zu schweigen davon, dass wir in Project Cars 3 nicht alleine zu klassischen Rennen starten. Mal müssen wir eine Bestzeit in den Asphalt brennen, mal innerhalb von drei Runden möglichst konstante Zeiten liefern und mal in Breakout-Events bunte Schilder umfahren.
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Viel Grind
Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten. Diese Abwechslung geht im Project Cars 3 Karrieremodus mit jeder Menge Grind einher. Wir starten in zehn Klassen mit jeweils vier Rennserien, hinzu gesellen sich Einladungsevents und spezielle Herausforderungen.
Damit wir in die nächst höhere Klasse aufsteigen, müssen wir innerhalb eines Rennens bis zu drei Aufgaben erfüllen. Das ist aufgrund des motivierenden Gameplays meist ein großer Spaß. Blöd nur, dass wir manche Events mehrfach angehen müssen, um genügend Kohle für ein Fahrzeug der nächsten Klasse zusammenzukratzen. Fehler bestraft Project Cars 3 dabei gnadenlos, was mangels Rückspulfunktion stellenweise arg frustriert. Wenn wir in der letzten Kurve der dritten Runde auch nur minimal von der Strecke abkommen, müssen wir von vorne beginnen.
Immerhin können wir unsere Boliden auch dank neuer Tuning-Optionen kräftig pimpen. Hier ein neuer Satz Renn-Bremsen, dort ein besserer Motor – das hat Auswirkungen auf das Rating, wodurch unsere Wagen in der Fahrzeugklasse steigen. Kein neues Feature, aber immerhin ein motivierendes.
Trotz stellenweise nervigen Grindes im Karrieremodus motiviert Project Cars 3 aber auch nach etlichen Spielstunden immer wieder ans Lenkrad. Um die nächste Meisterschaft anzugehen, eine Bestzeit aufzustellen oder einfach nur unser Lieblings-Auto weiter aufzumotzen.
Die Technik von Project Cars 3
Vor allem die Grafik von Project Cars 3 kann nicht vollends überzeugen. In einen Moment klappt uns dank herrlicher Reflexionen und beeindruckender Lichteffekte die Kinnlade herunter. Im nächsten Moment stoßen hässliche Gras-Texturen, überspitze Lichter und (seltsamerweise nur manchmal) verschwommene Fahrzeugmodelle sauer auf.
Auch die dynamischen Wettereffekte sind ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite sieht die langsam abtrocknende Strecke samt realistischer Pfützenbildung beeindruckend aus, auf der anderen Seite jedoch wirken die eigentlichen Regeneffekte ziemlich altbacken. Hm.
Die größte Baustelle bleibt allerdings wieder einmal das inkonsistente Schadensmodell von Project Cars 3. Unfälle und damit einhergehende Schäden verbeulen die Rennsemmeln zwar ordentlich, spürbare Auswirkungen auf das Fahrverhalten haben sie allerdings nicht. Das bekommen die meisten Rennspiel-Konkurrenten deutlich besser hin.
Immerhin: an den satten Motorensounds und dem gelungenen, wenn auch dezenten Soundtrack, gibt es nichts zu beanstanden.
Fazit zu Project Cars 3
Identitätskrise? Denkste! Project Cars 3 tut die Neuausrichtung spürbar gut. Teil Drei gibt sich nicht nur bunter als seine beiden eher biederen Vorgänger, sondern vor allem auch deutlich spaßiger und motivierender.
Dank des Fortschrittssystems macht der Karrieremodus auch nach Stunden noch Spaß und das, obwohl wir wieder einer vorgeschriebenen Reihenfolge der Events folgen müssen. Den größten Sprung nach vorne macht das Rennspiel aber auf der Strecke. Hier überzeugt Project Cars 3 mit einer gelungenen Mischung aus Simulation und Arcade, die Anfänger wie auch Profis gleichermaßen begeistern dürfte.
Realistischer als Forza 7 (wenn auch nicht ganz so hübsch) aber nicht ganz so knackig wie Teil Zwei. Lediglich hinsichtlich der Technik und des Schadensmodells hätte es noch ein wenig Feinschliff vertragen können.
Während Sim-Racing-Fans noch immer dem fehlenden Realismus nachtrauern, bekommen alle Rennspiel-Fans mit Project Cars 3 einen der besten Genrevertreter des Jahres, der mit Tuning-Optionen, abwechslungsreichem Fuhrpark und riesigem Strecken-Katalog etliche Stunden an den Bildschirm fesselt.
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